Gertrude Meyer-Jorgensen
Am 29. Juli 1918 wurde Gertrude Salomon in Mainz geboren. Sie verlebte ihre Kindheit zunächst unbeschwert im bürgerlichen Elternhaus in der Mainzer Neustadt. Der Vater war Inhaber eines großen Schuhhauses am Mainzer Marktplatz und national-konservativ gesinnt. Gerti Salomon besuchte die Höhere Töchter Schule – die heutige Anne Frank Schule – musste diese aber 1936 verlassen weil sie Jüdin war. Als sportbegeisterte Jugendliche absolvierte sie eine Ausbildung zur Sport- und Gymnastiklehrerin und gab 1938 in der jüdischen Bezirksschule Sportunterricht. Sie spielte in einem Mainzer Tennisclub, lernte „die Liebe ihres Lebens“ kennen und besuchte jeden Sommer „Watrins Badeanstalt“ im Mainzer Winterhafen. „Meine Jugend war traumhaft schön“ erinnerte sie sich viele Jahre später.
Ihre Familie war auch nach den ersten Diskriminierungen und Androhungen rigider Maßnahmen gegen die jüdischen Menschen fest davon überzeugt, dass ihnen nichts geschehen werde. 1936 war die Familie gezwungen ihr Schuhgeschäft und die Filialen zu verkaufen – Besitz jüdischer Familien wurde zwangsweise „arisiert“, d.h. er musste – meist weit unter Wert – an „arische“ Bürger verkauft werden. Ende der 30er Jahre geriet die Familie immer mehr unter Druck. 1939 wurde Gerti Salomon bei dem Versuch, Vermögenswerte ins Ausland zu bringen wegen „Devisenvergehen“ verhaftet. Zunächst befand sie sich 9 Monate in Stuttgart in Gestapohaft, dann für weitere 7 Monate, bis zum Herbst 1940, im Gefängnis in der Mainzer Klarastraße.
Ihr Vater Fritz Salomon wurde im Zusammenhang mit der Haft der Tochter noch 1939 von der Gestapo verhört. Nach einem dieser Verhöre ging er nach Hause und nahm sich mit Zyankali das Leben.
Gerti Salomon kam Ende September 1940 mit der Auflage aus der Haft, binnen einer Woche das Land zu verlassen. Am 6. Oktober 1940 meldete sie sich polizeilich ab und reiste über Berlin und Königsberg nach Warschau und Moskau. Von dort fuhr sie mit der transsibirischen Eisenbahn nach Asien und erreichte Schanghai. Hier lebte Gerti Salomon zunächst unbehelligt, musste aber 1942, nach der Besetzung durch das mit Deutschland verbündete Japan, in ein jüdisches Ghetto umziehen.
Ihre Mutter Anna Berta Salomon wurde, kaum dass der Tochter die Flucht gelungen war, zusammen mit anderen Mainzer Juden auf einem Lastwagen abtransportiert, in das Vernichtungslager Treblinka verbracht und dort ermordet.
Nach Kriegsende lebte Gerti Salomon als „Staatenlose“ bis sie 1947 in der damaligen portugiesischen Kolonie Macao einen norwegischen Staatsbürger heiratete und so wieder einen Pass erhielt. Sie lebte in Hongkong, auf den Philippinen, in Südafrika, Großbritannien, der Schweiz und besuchte 1950 erstmals nach ihrer Flucht wieder Mainz.
Gerti Meyer-Jorgensen starb am 21. August 2011 93-jährig in Wiesbaden.