Prozess gegen 29 Mainzer Kommunisten
Adam Beickler, Helene und Paul Baumann
1933 und 1934, den ersten Jahren des Faschismus an der Macht, organisierten Antifaschisten in den Städten zunächst vielfältige Widerstandsaktionen, druckten illegale Zeitungen, Flugblätter, schrieben nachts Parolen an die Wände. Sie organisierten Fluchtmöglichkeiten für bedrohte Genossen und Transportwege für aus dem Ausland, meist von Arbeitern auf Rheinschiffen eingeschleusten Schriften und Schulungsmaterialien. Oftmals waren es Arbeiterinnen und Arbeiter, die sich in den Gruppen ihrer verbotenen Parteien und Gewerkschaften verständigten und illegal organisierten.
Noch 1934 wurde die Gestapo, die Geheime Staatspolizei mit dem Ziel gegründet, den politischen Gegner mit allen Mitteln zu verfolgen, seine Organisationen zu zerschlagen und die Mitglieder entweder „umzudrehen“, einzusperren oder zu ermorden. Die Gestapo versuchte von Beginn an lokale Widerstandsstrukturen und -gruppen ausfindig zu machen und zu bekämpfen.
In der illegalen Organisation waren die Kommunisten in Fünfergruppen zusammen-geschlossen. Ein Genosse hielt Verbindung zu einer anderen Gruppe und zur lokalen Leitung der Partei. So sollte gegenseitige Sicherheit gewährleistet werden: nach einer Verhaftung sollte nicht von einem Einzelnen die ganze Organisation verraten werden können. In den illegalen Gruppen versprach man sich, wenigstens einen Tag die Folter auszuhalten und zu schweigen, damit Gefährdete eine Fluchtmöglichkeit hatten.
Wie in vielen deutschen Städten erfolgten auch in Mainz 1933 und 34 mehrere Verhaftungswellen. So auch am 29. August 1934, es werden 29 Mainzer Arbeiterinnen und Arbeitern in „Untersuchungshaft“ genommen. „Nach zweitägiger Verhandlung vor dem Strafsenat des Oberlandesgericht (Darmstadt) wurde am Samstag (8.12.1934) gegen 23 Uhr in einem Prozeß wegen Vorbereitung zum Hochverrat gegen 29 Mainzer Kommunisten, die lange nach dem Verbot noch Mitgliedsbeiträge eingezogen bzw. entrichtet sowie verbotene Schriften weiterverbreitet hatten, das Urteil gefällt. Acht Angeklagte erhielten zusammen 24 Jahre Zuchthaus und je drei bis fünf Jahre Ehrverlust, elf Angeklagte zusammen 17 Jahre Gefängnis, zwei Angeklagte wurden amnestiert und sieben mangels Beweises freigesprochen“, wie es in der Chronik der Mainzer Arbeiterbewegung von Willi Gasser und Josef Kauff notiert ist.
Die verhafteten Mainzer wurden in Gefängnisse, wie z. B. den Gestapo-Keller in der Kaiserstraße 31 oder in das 1933 eingerichtete Konzentrationslager Osthofen gebracht, vielfach verhört, schikaniert und gefoltert. Haft und Folter sollten den politischen Willen der Antifaschisten brechen, sie demütigen und zum Verrat anderer Aktivisten oder von Treffpunkten und illegalen Druckereien veranlassen.
Die Reichstagsabgeordnete Franziska Kessel fiel einem solchen Verrat zum Opfer. Die Kommunistin wurde, in Folge der Folter erblindet, am 23. April 1934 „erhängt in ihrer Zelle“ des Mainzer Landgerichtsgefängnisses in der Diether-von-Isenburg-Strasse aufgefunden. Da war sie 28 Jahre alt.