Peter Gingold
Am 8. März 1916 in Aschaffenburg geboren, lebte er mit seiner Familie ab 1929 in Frankfurt am Main. 1930 begann er eine Lehre, trat in die Gewerkschaftsjugend und 1931 in den Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD) ein. Bereits 1933 emigrierte seine jüdische Familie nach Frankreich. Peter Gingold schloss sich zunächst in Deutschland dem illegalen Widerstand an.
Seine Jugendgruppe besuchte eines Tages ein HJ-Lokal. Zuvor war mit der Hitler-Jugend vereinbart worden, dass jede der beiden Gruppen ein kurzes Referat zur Vorstellung ihres jeweiligen Programms halten könne. Der Redner der Kommunisten, ein Jugendlicher, der Norbert genannt wurde, entlarvte, rednerisch geschickt das Programm der Nazis und deren soziale Demagogie und vertrat überzeugend das antifaschistische Programm der kommunistischen Jugend. Von da an verbot die HJ ihren Mitgliedern derartiger Versammlungen. Peter Gingold traf „Norbert“ erst 1945 wieder – er hieß in Wirklichkeit Emil Carlebach und hatte 11 Jahre Haft, davon fast zehn Jahre im KZ Buchenwald hinter sich.
Peter Gingold selbst floh nach einer ersten Verhaftung im Frühjahr 1933 und folgte im Sommer seiner Familie ins französische Exil. Dort kämpfte er in mit der KPD im Exil und in der Résistance. Im Februar 1943 wurde er in Dijon verhaftet, nach Paris gebracht und wochenlang verhört und gefoltert. Ihm gelang die Flucht, er schloss sich erneut der Résistance an und beteiligte sich am bewaffneten Aufstand zur Befreiung von Paris im August 1944. Anschließend war er Frontbeauftragter in den Kämpfen der Partisanen in Norditalien und erlebte den 8. Mai 1945 in Turin.
Nach der Befreiung lebte er wieder in Frankfurt und war in der kommunistischen und antifaschistischen Bewegung aktiv. Als Zeitzeuge sprach er vor tausenden Schulklassen und Jugendgruppen, auf Demonstrationen und Kundgebungen, wo er seine Erfahrungen auf sehr lebendige und eindringliche Art vermittelte.
In seinen 2009 erschienenen Lebenserinnerungen schrieb er: „1933 wäre verhindert worden, wenn alle Hitlergegner die Einheitsfront geschaffen hätten. Dass sie nicht zustande kam, dafür gab es für die Hitlergegner in der Generation meiner Eltern nur eine einzige Entschuldigung: Sie hatten keine Erfahrung, was Faschismus bedeutet, wenn er einmal an der Macht ist. Aber heute haben wir alle diese Erfahrung, heute muss jeder wissen, was Faschismus bedeutet. Für alle künftigen Generationen gibt es keine Entschuldigung mehr, wenn sie den Faschismus nicht verhindern.“
Peter Gingold starb am 29. Oktober 2006 in Frankfurt am Main.