Ettie Gingold
Am 13. Februar 1913 als Ettie Stein-Haller in Sinauti, Rumänien, in einer jüdischen Familie geboren, emigrierte sie 1933 zu Verwandten nach Paris. Ab 1935 engagierte sie sich in antifaschistischen Gruppen und wurde Mitglied der Freien Deutschen Jugend, besuchte und organisierte Veranstaltungen der Jugend- und Bildungsarbeit. Hier lernte sie 1936 Peter Gingold kennen, gemeinsam waren sie in der Résistance tätig.
Sofort nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Frankreich beteiligte Ettie Gingold sich an Flugblattaktionen und vielen Versuchen, unter den deutschen Soldaten aufklärend zu wirken. Ihre Gruppe unterstützte zudem Internierte und deren Familien. Ettie Gingold arbeitete als Kurierin für die KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) im französischen Exil und Widerstand; sie war auch an der Herstellung und Verteilung von antifaschistischen Zeitungen beteiligt.
Nach der Besetzung von Paris durch die deutschen Truppen war Ettie Gingold als Jüdin und Kommunistin täglich von Verhaftung bedroht. Immer wieder gab es Razzien und massenhafte Deportationen der jüdischen Bevölkerung in die KZ und Vernichtungslager. Ettie Gingold versorgte ihre 1940 geborene Tochter, organisierte versteckte Unterkünfte, transportierte illegales Material – sie war unermüdlich und entschieden, alles zu tun was ihr möglich war um den Widerstand zu unterstützen. Die Resistance erhielt – offen oder verdeckt – häufig Unterstützung durch die Bevölkerung. So wurde Ettie Gingold zum Beispiel am 16. Juli 1942 von einem Nachbarn, einem von der Frühschicht nach Hause kommenden Metrofahrer gewarnt, dass unzählige Polizeiomnibusse im Einsatz seien, die jüdische Bevölkerung aus den Wohnungen zu holen. Ettie Gingold floh mit ihrer Tochter und erhielt einen nächsten Unterschlupf von einer Concierge.
Nach der Befreiung Frankreichs im August 1944 arbeitete sie im Pariser Büro der Bewegung Freies Deutschland und war zeitlebens in der Friedens-, der antifaschistischen Bewegung und der kommunistischen Partei aktiv.
In den 70er Jahren verweigerte die Bundesrepublik Ettie und Peter Gingold eine Zeit lang die deutsche Staatsbürgerschaft – bis der Protest dagegen, vor allem auch in Frankreich, so stark war, dass die Pässe ausgestellt wurden. Als eine Tochter aufgrund des sogenannten „Radikalenerlasses“ die Anstellung im öffentlichen Dienst verweigert wurde entstand wieder eine Solidaritätsbewegung, die in Frankreich zur Aufnahme eines deutschen Wortes in den Sprachgebrauch führte. Da im Französischen kein entsprechendes Wort gebräuchlich war, sprach man von „le Berufsverbot“. In Frankreich war man den ausländischen Unterstützern der Resistance stets dankbar. Die Solidarität mit der Familie Gingold war ein Ausdruck davon.
1982 sammelte Ettie Gingold allein 12.500 Unterschriften unter den „Krefelder Appell“. Das Ziel dieser Aktion der Friedensbewegung war die Verhinderung der Stationierung von neuen US-amerikanischen atomaren Erstschlagswaffen.
Ettie Gingold starb am 03. Juni 2001 in Frankfurt am Main.