KZ Osthofen
Am 30. Januar 1933 hatte Reichspräsident Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt. Drei Tage später sprach dieser vor den Befehlshabern der Reichswehr über sein Programm u. a. folgendes: »Keine Duldung der Betätigung irgendeiner Gesinnung, die dem Ziel entgegensteht. Wer sich nicht bekehren lässt, muss gebeugt werden. Ausrottung des Marxismus mit Stumpf und Stil. ...« Am 28. Februar wurde die Notverordnung »Zum Schutze von Volk und Staat« erlassen, in deren Folge über 10.000 Mitglieder und Funktionäre der Sozialdemokratischen und der Kommunistischen Partei sowie bürgerliche Demokraten verhaftet und eingesperrt wurden. Der offene Terror gegen jede Opposition hatte begonnen. Im Polizeigewahrsam, in den Kellern der Gestapo (Geheime Staatspolizei) und in den Gefängnissen wurden tausende Gefangene geschlagen, misshandelt und gefoltert. Aus den Mainzer Gefängnissen und Gestapokellern wurden viele Gefangene in das Konzentrationslager Osthofen gebracht. Dies war eines der ersten Lager, in denen zunächst hauptsächlich politische Gefangene aus dem damaligen Volksstaat Hessen »zur Umerziehung« eingeliefert wurden. In einer ehemaligen Papierfabrik, an der Bahnstrecke zwischen Worms und Mainz gelegen, waren 1933 bis zu 300 Häftlinge untergebracht.
Das Lager bestand von Mitte März 1933 bis in die zweite Jahreshälfte 1934.
Die Lagerinsassen waren in einer großen Halle untergebracht, hatten zunächst auf Stroh zu schlafen, später wurden hierfür Holzgestelle von den Häftlingen gebaut. Die Insassen wurden zu verschiedenen Arbeiten, auch in der Umgebung des Lagers eingeteilt. Durch die menschenverachtende Behandlung, durch miserable Versorgung mit wenig und schlechtem Essen, durch Misshandlung, Folter und ständige Entwürdigung sollten die Häftlinge gebeugt und unterworfen werden.
Die Schriftstellerin Anna Seghers setzte den in Osthofen inhaftierten Menschen ein weltberühmtes literarisches Denkmal. Ihr Roman »Das siebte Kreuz« nimmt seinen Beginn in dem Lager, dass Seghers der literarischen Verfremdung wegen »Westhofen« nennt. Sie schildert die Flucht von sieben Häftlingen, die letztlich nur einem von ihnen gelingt.